Eine Sonderstellung innerhalb der Ikonen hat die Darstellung der Muttergottes. Das christlichen Konzil im Jahre 431 n.Chr. in Ephesus legitimierte die göttliche Mutterschaft der Heiligen Maria. Ihr wurde durch das Konzil die Bezeichnung Gottesgebärerin (griechisch: Theotokos) zuerkannt. Daraufhin entstand ein regelrechter Kult um der Marienverehrung. In der orthodoxen Kirche wird die Gottesmutter noch heute von ganzem Herzen in Gebeten und Hymnen verehrt. In den westlich geprägten Kirchen wird das Menschliche an Maria herausgestellt; in der Ostkirche wird Maria eher himmlisch, dem Irdischen entrückt, dargestellt.
Durch ihre fest zugeordnete, immer gleiche Beschriftung, sind die Ikonen der Gottesmutter eindeutig definiert. Das Gewand der Heiligen Maria zieren immer drei Sternsymbole. Der erster Stern befindet auf der Kopfbedeckung auf der Stirn, die beiden anderen Sterne sind links und rechts auf dem Gewand zu sehen. Manchmal wird ein Stern vom Jesuskind verdeckt. Imaginär ist er aber trotzdem vorhanden. Es sind die Insignien der "immerwährenden Jungfrau". Die Darstellung des Gesichtes der Heiligen Maria wirkt auf Ikonen eher streng, ernst und arm an Gesten. Damit tritt sie eindeutig hinter ihren Sohn Jesus zurück.
Weit verbreitet ist die Ikone der Gottesmutter "Hodigitria", der Wegweiserin. Dort hält Maria den nicht mehr kindlichen Jesus auf dem linken Arm. Jesus macht darauf einen eher verklärten Gesichtsausdruck, Maria strahlt Würde aus. Ein weitere Muttergottes-Ikone ist die "Nikopeia", die "Überwinderin"; dort hält sie das Jesuskind vor der Brust. Weiter ist dann noch die Ikone der "Thronenden Muttergottes", die "Muttergottes der Zärtlichkeit" und die Erbarmerin-Ikone (Eleousa) zu nennen. Das Urbild dieser Ikone wird ebenfalls dem ersten Ikonenmaler und Apostel Lukas zugeschrieben. Diese Ikone ist auch als Hausikone sehr beliebt. Die Gottesmutter hält ihr Kind zärtlich im Arm, Jesus schmiegt seinen Kopf an die Wange seiner Mutter. Eine weitere Ikone ist die "Gottesmutter der Passion". Jesus sitzt Maria darauf auf dem linken Arm. Jesus schmiegt sich an seine Mutter. Seine kleinen Hände liegen in der Hand seiner Mutter. Zwei schwebende Engel begleiten das Szenario. Auf einer etwas seltenen Muttergottes-Ikone gibt Maria ihrem Kind die Brust. Dann gibt es noch die Platytera-Ikonen. Die Heilige Maria sitzt auf einem Thron, Jesus auf ihrem Schoß. Seine rechte Hand ist segnend erhoben, links hält er eine Schriftrolle als Symbol des Evangeliums. Die "Deesis"-Ikone" mit der Heiligen Maria wird beschrieben auf der Seite "Jesusikonen".
Gerade in der russisch-orthodoxen Kirche haben die Marienikonen einen sehr hohen Stellenwert. Die russischen Gläubigen fühlen sich stark zu Maria hingezogen. Das russische Volk mußte im Laufe der Jahrhunderte viel Krieg und Leid ertragen. Die Muttergottesikonen haben geholfen, die schweren Zeiten zu überstehen. Unzählige Gotteshäuser sind der Heiligen Maria geweiht. Alle Festtage zu Ehren der Gottesmutter werden in Russland besonders überschwänglich gefeiert. Auf 800 wird die Anzahl wundertätiger Marienikonen in Russland geschätzt. Die russischen Ikonenmaler haben eine ganze Reihe von Marien-Archetypen geschaffen. Die komplette Lebensgeschichte der Heiligen Maria wird auf die verschiedensten Ikonen erzählt. Es beginnt mit der Verkündigung an ihre Eltern Joachim und Anna, die Geburt der Gottesmutter, Marias Taufe bis zur Entschlafung und der Himmelfahrt der Mutter Gottes.
Das Abbild der Ikone "Gottesmutter von Smolensk", ist eine sogenannte Hodegetria-Ikone (Wegführerin-Typus). In Russland ist diese Darstellung der Muttergottes die häufigste Ikone. Nachgewiesen wurde der Hodigitria-Typus bereits im 5. Jahrhundert n. Chr. in Syrien/Palästina; sie gilt als "Lukasbild", als "Gottesmutter-Urikone". Die Hodigitria-Ikone ist oft zusammen mit der Pantokrator-Ikone in Ikonostasen der Orthodoxen Gotteshäuser zu sehen. Auf der Smolenskaja-Ikone wird die Gottesmutter überirdisch scheinend dargestellt, mit Güte und Andächtigkeit im Antlitz. Erzielt wird dies durch die majestätische Darstellung, die ebenmäßigen großen Augen, zarte Formen machen die Darstellung würdevoll. Ein weitere Variante ist die Hidigitria-Ikone "Gottesmutter von Kazan". Dort steht das Jesuskind an ihren Linken, die Hand zum Segensgestus erhoben. Vom Grundtyp der Hodigitria-Ikone gibt es noch sehr viele Varianten, die zum Teil nur in geringem Maße voneinander abweichen.
Etwa 400 unterschiedliche Ikonen der Gottesmutter sind bekannt. Der Evangelist Lukas soll die erste Muttergottesikone, die "Hodigitria-Ikone" gemalt haben. Die Kaiserin Eudoxia soll sie dann im Jahre 438 n.Chr. nach Konstantinopel gebracht haben. Die wahrscheinlich Älteste der Muttergottes-Ikonen ist die "Orante", die "Muttergottes des Zeichens" oder als "Betende" Maria bezeichnet wird. Diese Ikonen zeigen die Mutter Gottes fürbittend mit ausgebreiteten, leicht erhobenen Armen, der Bethaltung der ersten Christen. Jesus ist in einem Kreis auf ihrer Brust zu sehen als Versinnbildlichung der irdischen Kirche. Die Ikone strahlt eine andächtig-ruhige Stimmung aus. Von den "Orante"-Ikone gibt es weitere Varianten.
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