Durch die Öffnung des Ostens rücken die Orthodoxen Ikonen wieder mehr in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Ikonen werden heute als Kunst im westlich-aufgeklärten Sinne betrachtet werden und die monetäre Wertigkeit steht im Vordergrund. So werden Nachweltkriegsikonen als fast "wertlos" betrachtet. Vorkriegsikonen sind dagegen stark schützenswerte Kulturgüter. In Russland darf man keine Orthodoxe Ikone, welche vor 1945 gemalt worden ist, aus dem Land ausführen. Nachkriegsikonen können dagegen mit Auflagen ausgeführt werden. Diese Bewertungskriterien sind schwer nachvollziehbar.
Die rationale Sichtweise der Dinge aus dem "Westen" hat sich durchgesetzt. Es ist an der Zeit, die Ikonen wieder als das wahrzunehmen, was sie wirklich sind. Verehrungswürdige Heiligenbilder, die einen Abglanz der göttlichen Herrlichkeit in die menschliche Realität hineinstrahlen. Die orthodoxe Ikone ist ein rein religiöser Kulturgegenstand und kein Kunst - oder gar Spekulationsobjekt.
Heute werden Ikonenbilder phototechnisch sehr realitätsnah, in beliebiger Menge reproduzierbar und wesentlich billiger im Vergleich zur gemalten Ikone hergestellt. Natürlich kann man diese Entwicklung nicht aufhalten; man sollte jedoch bedenken, dass der Ikonenmaler die Ikone in gebetsähnlichem Zustand gemalt hat. Das Ritual des Ikonenmalens ist von der Kirche vorgegeben. Dieser Ablauf bis zur fertigen Ikone, bis zur Ikonenweihe, besitzt eine andere Wertigkeit im Gegensatz zu einer Fotoreproduktion, welche man sich an die Wand hängt. Dies muß aber jeder für sich selbst entscheiden.
Die Beurteilung der Ikonendarstellungen in der Orthodoxen Kirche hat nichts mit dem westlichen "Frei-Denkertum", also der freien Interpretation des Gesehenen zu tun. Alle Aussagen über Ikonen sind von der Kirchenseite aus unveränderlich festgelegt und lassen keine abweichende Interpretation gelten. Bei Ikonen gibt es nicht Original und Kopie im westlichen Sinne. Jede Ikone für sich ist ein Original.
Der wortsprachliche Hintergrund ist die Basis jeder Ikone. Ohne Kenntniss der orthodoxen Bildertheologie bekommt man schwerlich den richtigen Zugang zu Ikonen. Eine Ikone sieht meist einfach und verständlich aus oder ist nur schön. Doch steckt in der Kernaussage der Ikone meist wesentlich mehr als wie man zunächst vermutet. Trotzdem kann der "westlich" geprägte Beobachter das Nichtirdische auf sich einwirken lassen; er muß die Ikonen mit dem Herzen verstehen lernen, nicht mit dem Verstand. Etwas biblisches Hintergrundwissen kann auch nicht schaden.
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