Ikonen in der Orthodoxen Liturgie

Eingebettet in die Seele der Kirche

Die orthodoxe Volksfrömmigkeit ist eng mit der kirchlichen Liturgie verbunden. Orthodoxe Gottesdienste und christliche Feste haben einen festen Platz im Alltag der orthodoxen Christen und werden sehr ernst genommen. Durch die Einbettung der Ikonen in die Orthodoxe Liturgie ist gewährleistet, dass mit wundertätigen Ikonen keine Scharlatanerie betrieben werden kann. Die sakrale Kunst der Ikonenmalerei gilt in der orthodoxen Kirche als fester Bestandteil der liturgischen Traditionen.

Ikonostase in einer Orthodoxen Kirche - Rumänien
Im Inneren einer orthodoxen Kirche in Rumänien

Ikonen im Alltag

In jedem orthodox-gläubigen Haushalt befindet sich mindestens eine Ikone an einem festen Ehrenplatz. In Deutschland würde man so was „Herrgottswinkel“ nennen. Dem Abbild auf der Ikone wird täglich die Ehre erwiesen. Als Gast bei orthodoxen Christen begrüßt man zuerst würdevoll die Ikonen in der Ikonenecke und anschließend erst den Gastgeber. Jeder orthodoxe Christ besitzt eine eigene Ikone. Diese erhält er bei seiner Taufe. Sie zeigt den Namenspatron des Gläubigen. Kleine Reise-Ikonen für das Beten und zu Schutz beim Reisen stehen hoch im Kurs. Es gibt für fast jede Lebenssituation eine passende Ikone.

Wundertätige Ikonen

Es gibt sogar Ikonen, die mit Vorhängen verhüllt werden können. Die Vorhänge werden zugezogen, wenn die Ikone etwas nicht sehen soll. Die geheiligte Ikone könnte durch Unheiliges entweiht und müsste neu geweiht werden. Kranken Menschen wird eine Ikone auf die erkrankte Stelle gelegt, damit die Heiligkeitskraft übertragen wird. Ikonen werden krankheitsheilende Wirkung zugetraut und zugesprochen. Marien-Ikonen vom Berg Athos in Griechenland werden als besonders wundertätig mit heilender Wirkung geachtet. In Russland kennt man ca. 800 wundertätige Ikonen der Gottesmutter.

Fresko Jesus Christus - Rila Bulgarien
Fresko von Jesus Christus im Rila-Kloster in Bulgarien

Ikonen verstärken den Glauben

Je öfter man Ikonen ansieht, umso mehr denkt man an das Urbild der Ikone. Der eigene Gottesglaube wird verstärkt. Die Empfindungen des Gläubigen beim Anblick einer Ikone sind unterschiedlich. Der eine empfindet Schmerzen, der andere Freude. Die Spannbreite der Ehrenbezeugungen für Ikonen geht von einer tiefen Verbeugung bis zum Boden, dem Neigen des Hauptes bis zum sich nur bekreuzigen. Wer die Verkündigungen der Orthodoxen Kirchen versteht, kann auch die Ikonen verstehen, sie „lesen“. Der Ikonenmaler ist daher in Wirklichkeit ein Ikonenschreiber. Ikonen ermöglichen den direkten persönlichen Kontakt mit dem dargestellten verehrungswürdigen Heiligen. Ikonen sind „Fenster“, durch die der Geheiligte in unsere materielle Welt hineinschaut und hineinstrahlt.

Gläubige vor Orthodoxem Kloster Russland
Russische Gläubige erwarten den Glockenschlag vor einem Kloster

Gemaltes Evangelium

Ikonen werden auch als sichtbar gemachte Predigten bezeichnet, sie stehen im Einklang mit der Verkündigungsgeschichte. Ikonen sind das gemalte Evangelium der Orthodoxen Kirche. Dabei soll die Ikone den biblischen Text nicht ersetzen, sondern bildlich verständlich machen. Bei solch einer „szenischen“ Ikone geht es immer um eine theologische Aussage.